Frau F.*, Studentin der Fachjournalistik Geschichte, arbeitet neben ihrem Studium in der Abteilung der Gießen-App des Unternehmens für digitales Stadtmarketing (DISTAMA). In einem Gespräch gibt Hannah mir als Erstsemesterstudent Einblicke in ihre Studiums- und Berufserfahrung.

Frau F.* empfängt mich vor dem jüngst bezogenen Bürogebäude der DISTAMA. Sie führt mich durch ein kühles Treppenhaus, in welchem man die frische Farbe noch riechen kann. Oben angekommen betreten wir einen großen, hellen Raum. Sie führt mich zu einem der Tische und die vierköpfige Redaktion stellt sich mir vor. Diese jungen Mitarbeiterinnen bilden als Redaktion der Gießen-App nur eine kleinere Abteilung der Firma. Die App vernetzt als Kommunikationsplattform Unternehmen mit potenziellen Kunden und bietet ein Portal für lokale Nachrichten. Frau F. führt mich mit ihrer Kollegin Frau K.* in ein angrenzendes, deutlich kleineres Büro. Nachdem wir ihrer Kollegin erklären, was es eigentlich mit der Verbindung der Studienfächer Journalistik und Geschichte auf sich hat, leite ich auf meine erste Frage über…

Ich: Was haben Sie während Ihres Studiums gelernt?

Frau F.: Es sind eigentlich so kleine Sachen, die dir erst gar nicht so bewusst sind, dass du sie gelernt hast. Ich gehe auch viel bewusster daran, wie man eine Reportage schreibt oder wie ich ein Interview führe. Aber auch so Sachen, dass ich zum Beispiel ganz viel Wert auf Recht lege. Also das merke ich, dass ich halt so ein bisschen fokussierter und detailverliebter in journalistischen Sachen bin. Das hat das Studium aus mir gemacht. Du veränderst dich, aber du veränderst dich so, dass du das gar nicht mitbekommst.

Ich frage mich, inwieweit auch ich unbewusst Erfahrungen gesammelt habe. Ob ich den Leistungsanforderungen gerecht werde?

Ich: Könnten Sie einem Erstsemesterstudenten einen Ratschlag geben?

Frau F. (kichert): Lern‘ so viel du kannst! Wenn du Zeit hast, mach‘ mehr als du musst, weil das sind tatsächlich Sachen, die wertvoll sind für dich, wo du auch wirklich ‚was lernen kannst und die du so in der Form nach deinem Studium nie wieder angeboten bekommst.

Sie erinnert sich lächelnd an ihre Einführungswoche an der Universität und erzählt vergnügt von lustigen Momenten innerhalb einer Exkursion nach Nürnberg, während mich der Gedanke meiner eigenen Faulheit graust.

Ich: Nun arbeiten Sie an einer kommerziell orientierten App. Welche Rolle spielt Ihr Studium in Ihrem jetzigen Beruf?

Frau F. (wird wieder ernst): Ich schreibe nebenher für ein Online-Magazin und fahre dafür viel auf Konzerte und Festivals. Das ist ein Hobby. Das habe ich schon vor dem Studium gemacht und das mache ich immer noch. Bevor ich hier angefangen habe, hatte ich fast ein Jahr als Social-Media Assistentin gearbeitet, also ich habe für eine Firma die Social-Media betreut, was ja an sich auch journalistisches Arbeiten ist, aber halt nicht dieses klassische. Dass Journalismus sich mit dem Wandel der sozialen Medien öffnet, denken viele Erstis gar nicht drüber nach. Und das ist auch so eine Sache, die mir erst im Laufe des Studiums gekommen ist: Dass ich, nur weil ich hier Journalismus studiere, nicht am Ende Journalismus machen muss, sondern dass uns der Umgang mit Texten und das Arbeiten mit Texten auch dazu befähigt, Texte und Umstände einfach anders zu sehen.

Frau F. erzählt mir, dass sie nur zufällig in die Redaktion der Gießen App gelangt ist und dort eher in der Sale-Abteilung tätig ist. Nachdem ich das Thema abhake, zeigt sie demonstrativ ihre Erleichterung und bringt uns damit zum Lachen. Beide Kolleginnen lehnen sich nun ein wenig mehr in ihre Stühle zurück und die Stimmung lockert sich.

Ich: Welche weiteren wichtigen Tätigkeitsfelder der Redaktion könntet ihr nennen?

Frau K., die sich bis jetzt zurückgehalten hat, sieht auf und meldet sich zu Wort.

Frau K.: Ich bin ja eigentlich im Marketing, aber wir machen auch viel mit redaktionellen Inhalten. Also eigentlich schreibe ich meistens die Postings für die Social-Media der App. Generell auch immer die ganzen Texte für die Website (…) oder einfach Flyer und Broschüren.

Frau F.: Ich glaube, insgesamt muss man eigentlich sagen, dass zwar jeder seinen Bereich hat, aber dass die Bereiche sich eigentlich permanent überschneiden.

Frau K. nickt nachdenklich und erzählt über die gängige Praxis ihrer Kollegen, sich bei Bedarf gegenseitig auszuhelfen.

Frau F.: Ich glaube auch, „Hand-In-Hand-Arbeiten“ ist hier das Stichwort.

Ich: Würdet ihr euch hinsichtlich eures Studiums und eurer Charaktereigenschaften als homo- oder heterogene Redaktion bezeichnen?

Frau K.: Ich habe Wirtschaftswissenschaften studiert mit dem Schwerpunkt auf Marketing. Habe das auch fertig gemacht und auch schon während dem Studium hier angefangen, hab‘ jetzt aber zur Zahnmedizin gewechselt. Ich würde sagen, das ist jetzt auch gar nicht so relevant. Wenn man gut schreiben kann und das auch gerne macht, dann ist es eigentlich egal, was man studiert hat.

Dass die Kollegen sich trotzdem gut verstünden, sehen beide darin, dass alle im Unternehmen sich auf einer Ebene begegneten. Dies mache den Umgang deutlich leichter und angenehmer.

Ich frage beide, welche Eigenschaften man für ein solchen Beruf braucht, die sie als Kolleginnen verbinden. Nach kurzem Überlegen nennen sie Begriffe wie Kreativität, Aufgeschlossenheit, Ausdauer und Neugier. Beide Kolleginnen nennen sich mit Wärme und Freude gegenseitig ihre Stärken, wobei sie auch ihre anderen beiden Kolleginnen gedanklich mit einbeziehen. Ich stelle lächelnd fest, dass sie innerhalb dieser Vertrautheit vom Thema abschweifen.

Ich: Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt, wenn Sie auf ihre Berufs- und Studienwahl zurückblicken?

Frau F.: Ich bin nicht in das Studium eingetreten mit dem Wissen -Ich will unbedingt Journalistin werden, und das ist mein Lebensziel -, sondern weil ich gerne schreibe, weil mich Journalistik interessiert hat, weil ich Geschichte geliebt habe und weil ich ja auch irgendwie meiner Mutter verkaufen musste, dass man mit einem Geschichtsstudium etwas wird (beide müssen lachen). Das ist der Grund, warum ich Fachjournalistik-Geschichte studiert habe. Ich bin super froh, dass ich hier bin und diese ganze App mit aufbauen darf und zusehen kann, wie sowas einfach wächst.

Erwartungen an ihre berufliche Zukunft habe sie jedoch nicht. Ich muss daran denken, wie selten Kommilitonen in einer der Vorstellungsrunden in den Veranstaltungen der Fachjournalistik den Wunsch geäußert hatten, eines Tages selbst JournalistIn zu werden. So komme ich abschließend zu meiner letzten Frage.

Ich: Was macht Ihnen am meisten Spaß an Studium und Beruf?

Frau F. (scheint sich über die Frage zu freuen): Ich liebe es, mit Menschen zu reden und ich liebe es, mit Menschen Kontakt zu haben.

Als ich wieder im Treppenhaus angelangt bin, bemerke ich zum ersten Mal das warme Licht der Lampen an der Decke. In meinem Kopf drehen sich mehr Fragen als vorher. Mache ich zu wenig für die Uni? Habe ich mich bereits durch mein kurzes Studium verändert? Und vor allem: Wie wird meine berufliche Zukunft aussehen? Nach einigem Überlegen beschließe ich, mich nicht von meinem Optimismus abzuwenden und trete aus der Tür hinaus.

*Die Namen wurden auf Wunsch der Interviewten nachträglich entfernt.

Moritz Tübbecke

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